Zur Sache der Integration und Migration in Deutschland

 

In Deutschland leben seit Jahrzehnten viele Menschen mit ausländischen Wurzeln. Laut neuesten statistischen Daten hat jeder fünfte Einwohner hier zu Lande einen migrantischen Hintergrund.

 

Ein fünf Jahrzehntes Zusammenleben der Einheimischen mit  den Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Sprachen und Religionen verschaffte vielerlei Neiheiten und Änderungen im Lebensbereich der deutschen Gesellschaft.  Alldas wird nicht selten als eine Bereicherung verstanden.

 

Vor 50 Jahren war Spaghetti in Deutschland noch völlig unbekannt. Damals mussten hinweise an Landwirte, die die italienische Saisonarbeiter beschäftigten, verteilt werden, wo zu lesen war, dass Spaghetti nicht ausgesät werden könne, sondern wie Nudeln gekocht werden müsse. Das Landesarbeitsamt in Stuttgart gab eigenes eine Pressemitteilung heraus:

 

“Der Italiener liebt im Allgemeinen keine dünnen und flüssigen Soßen, insbesondere keine Mehlsoßen. Zu Teigwaren, die nicht weich gekocht werden sollten, gibt man Tomatensoße.“

 

Doch nicht nur Gastronomie unseres Landes, auch Kultur, Politik, Wirtschaft und soziales Leben wurden in den vergangenen fünf Jahrzehnten entschieden von der Zuwanderung geprägt.

 

Die Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte („Gastarbeiter“) seit den späteren 50er Jahre und danach Zuzug Ihren Familien in den 70er Jahren, wandelte allmählich die Bundesrepublik Deutschland zu einem Einwanderungsland. Die Anerkennung dieser Tatsache war Jahrzehntelang ein Zündstoff für die Streitigkeiten unter deutschen Politikerinnen und Politiker. Auch in der Gesellschaft wie in der Politik wurde dieser Vorgang unterschiedlich interpretiert und bewertet.

 

Die Unionsparteien bestritten stets, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. Dadurch blockierten sie auf langer Sicht die Durchführung einer gerechten und vernünftigen Ausländerpolitik, welche das Zusammenleben der Einheimischen mit den Migrantinnen und Migranten besser regulieren könnte.

 

Man hatte stets in der Gesellschaft den Eindruck erwecken wollen, dass die „Gastarbeiter“ hier nur für ein paar Jahre beschäftigt sein werden und in Absehbarer Zeit Deutschland verlassen werden. Von daher gab es kaum ein Plan für die Integration der zugewanderten Menschen hinsichtlich des Erlernens der deutschen Sprache und eine Einplanung der sozialen Einrichtungen. Viele „Gastarbeiter“ wohnten meist bis zu Zehnt in einfachen Wohnungen mit fehlenden sanitären Einrichtungen.

 

Mit der Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes im Bundesrat im Juli 2004 ist die letzte Hürde genommen worden. Das Gesetz wurde am 1. Januar 2005 in Kraft getreten. De facto wurde erstmals Deutschland als ein Einwanderungsland definiert.

 

In der Gesellschaft und Politik wird der Begriff „Integration“ unterschiedlich konträr diskutiert. Ganz allgemein ist damit die Eingliederung in eine gesellschaftliche oder soziale Ordnung gemeint.

 

Integration vollzieht sich allgemein auf rechtlich-politischen, sozialen und kulturellen Ebenen. Voraussetzung für ein gleichberechtigtes Zusammen- leben ist die rechtliche und politische Gleichstellung aller Menschen. Von einer „Integrationspolitik“ für Migrantinnen und Migranten war die Bundesrepublik Deutschland in der 50er, 60er, 70er und 80er Jahren weit entfernt. Der wichtigste Begriff für diese Zeit war das Wort „Ausländerpolitik“.

 

Die folgende Recherche in Form einer Phasenteilung soll die politische und demografische Wandel in der Sache „Ausländerpolitik“ der Bundesrepublik Deutschland ab den 50er Jahren verdeutlichen.

 

Phase I: 1955 bis 1973:

 

Bis zu 3.000.000 Ausländer leben in Deutschland. Ausländerrecht und Ausführungsbestimmungen gestalten den Aufenthalt, es liegt kein Konzept infrastruktureller, sozial- und bildungspolitischer Maßnahmen vor.

Erst 1965 löst das erste Ausländergesetz die Ausländerpolizeiverordnung von 1938 ab.

 

Phase II: 1973 bis 1979

 

Bis zu 4.200.000 Ausländerinnen und Ausländer leben in der BRD.

 

Erste gesellschaftliche Diskussionen über Vor- und Nachteile der Ausländerbeschäftigung setzen ein, als erkennbar wird, dass die Ausländerbeschäftigung kein vorübergehendes Phänomen bleiben wird.

 

Der Anwerbestopp von 1973 soll die Zahl der ausländischen Arbeitnehmer im

Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit der gesellschaftlichen und sozialen Infrastruktur begrenzen.

                                                                      

Der Anwerbestopp erreicht jedoch das Gegenteil dessen, was er bezwecken sollte. Viele „Gastarbeiter“ gehen nicht in die Heimat zurück, sondern holen ihre Familie nach Deutschland. Der Anwerbestopp stabilisiert letztendlich den Aufenthalt der „Gastarbeiter“.

 

Eine nicht umkehrbare Entwicklung tritt ein, eine Einwanderung findet statt.

 

Phase III: 1979 bis 1980

 

Bis zu 4.700.000 Ausländerinnen und Ausländer leben in der BRD. Anerkennung der „faktischen Einwanderung“ wird erstmals eingefordert.

 

Diskussionen um „Integrationskonzepte“, Ausländerwahlrecht, erleichterte Einbürgerung stehen erstmals im Mittelpunkt der Ausländerpolitik.

 

 

Phase IV: 1981 bis 1990

 

Bis zu 5.200.000 Ausländerinnen und Ausländer leben in der BRD. Aus einem kurzen Wettlauf im Integrationskonzept wird 1981 plötzlich ein Rennen nach einer Begrenzungspolitik. Es werden Maßnahmen zur Förderung der Rückkehr ausländischer Arbeiterfamilien beschlossen. Das„Ausländerproblem“ wird zunehmend politisiert. Auf kommunaler Ebene bilden sich vermehrt demokratisch legitimierte Ausländerbeiräte.

 

Über die Vision einer „multikulturellen Gesellschaft“ wird in Politik und Gesellschaft diskutiert.

                                                                      

Phase V: 1990 bis 1998

 

Bis zu 7.100.000 Ausländerinnen und Ausländer und bis zu 2.000.000 Aussiedlerinnen und Aussiedler leben in der BRD.

 

Asylpolitik steht im Vordergrund, „Gastarbeiter“ geraten in Vergessenheit, verstärkte Zuzug von Aussiedler.

                                                                      

Das „neue“ Ausländergesetz von 1990 bleibt trotz einiger Verbesserungen in weiten Teilen rückständig ( kein eigenständiges Aufenthaltsrecht für ausländische Ehegatten, keine doppelte Staatsangehörigkeit, keine Verwaltungsvorschriften )

                                                                      

Die Debatten um Zuwanderung konzentrieren sich auf Asylsuchende und Flüchtlinge.

 

Das im Gesetz verankerte Recht auf Asyl wird 1993 nach Jahrelange Auseinandersetzungen geändert ( eingeschränkt durch Drittstaatenregelung ).

 

Die Zahl der Eingebürgte steigt, viele Migrantinnen und Migranten fühlen sich nicht mehr als „Ausländer“.

 

Phase VI: 1998 bis 1999

 

Bis zu 7.300.000 Ausländer und bis zu 2.500.000 Aussiedlerinnen und Aussiedler leben in der BRD.

Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, große politischer Streit um die so genannte „doppelte Staatsbürgerschaft“, „Integrationspolitik“ verdrängt im Sprachgebrauch das Wort „Ausländerpolitik“.

 

In der Koalitionsvereinbarung der Rot-Grüne Regierung steht: „Im Zentrum unserer Integrationspolitik wird die Schaffung eines modernen Staatsangehörigkeitsrechts stehen“.

 

Der Bundesrat stimmt am 21 Mai 1999 der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts zu, die damit am 01.Januar 2000 in Kraft treten kann.

 

Phase VII: 1999 bis auf weiteres

                                                                         

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erarbeitet unter seiner Zuständigkeit ein Konzept für einen Bundesweiten Integrationskurs.

 

Der Integrationskurs umfasst pro Teilnehmer maximal 630 Unterrichtseinheiten a` 45 Minuten und bildet eine Einheit bestehend aus den Komponenten:

 

Sprachkurs mit 600UE

Orientierungskurs mit 30 UE

 

 

Erstmals wurde Integrationsförderung im Aufenthaltsgesetz als gesetzlicher Auftrag des Bundes und der Länder festgeschrieben. Der Spracherwerb wird als Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltes vorgesehen. Erklärtes Ziel des Zuwanderungsgesetzes ist Perspektivenwechsel im Ausländerrecht.

                                                                      

Das bisherige System der Aufenthaltstitel aus dem Ausländergesetz (§ 5 AuslG) wurde nicht ins AufenthG übernommen. Statt der Aufenthaltsbefugnis, der Aufenthaltsbewilligung, der befristeten und unbefristeten Aufenthaltserlaubnis und der Aufenthaltsberechtigung sieht das AufenthG nur noch zwei Aufenthaltstitel vor. Eine befristete Aufenthaltserlaubnis (§7 AufenthG) und eine (unbefristete) Niederlasserlaubnis (§9 AufenthG).

Daneben gibt es wie auch bereits im AuslG ein Visum (§6 AufenthG) und eine Duldung.

                                                                      

Resümee

 

Die Bundesrepublik Deutschland hat zwischen 1955 bis zum Anwerbestopp 1973 mit folgenden Ländern eine Anwerbevereinbarung je nach industriellem und wirtschaftlichem Bedarf an Menschenkräfte unterzeichnet:

 

Italien (1955), Spanien (1960), Türkei (1961), Marokko (1963), Portugal (1964), Tunesien (1965), Jugoslawien, Indien, Indonesien, Süd-Korea und Philippinien (1968) und „Anwerbestopp“ (23.11,1973): Ende von 18 Jahren Anwerbung.

 

Die 80iger Jahre waren durch bundesweite Diskussionen nach politischer Teilhabe der Migrantinen und Migranten geprägt. Die Diskussion um Multikulturalität in der Gesellschaft und Politik erhält eine besondere Stellung.

 

1993 wird das Recht auf Asyl, welche im Grundgesetz verankert ist, durch Drittstaatenregelung geändert.

 

(Wer über einen „sicheren Drittstaat“ einreisen will oder bereits eingereist ist, kann sich nicht auf das Grundgesetz berufen, sondern wird an der Grenze zurückgewiesen bzw. sofern der Transitstaat identifiziert und aufnahmebereit ist – dorthin zurückgeschoben. Als sichere Drittstaaten gelten alle EU-Staaten sowie Polen, Schweiz die Tscheche Republik und Norwegen. Die Bundesrepublik ist somit von einem Gürtel potentieller Rücknahme Länder umgeben.)

                                                                     

Die Diskussionen um Wahlrecht für Ausländer, fanden ihr vorläufiges Ende mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1990, das die politische Teilhabe in Form des Wahlrechts mit der Staatsangehörigkeit verband.

 

Der neunziger Jahre ist geprägt durch das Ziel der erleichterten Einbürgerung und einer zunehmenden Kulturalisierung der Diskussion.

 

Ausländer wurden zunehmend aufgrund ihrer vermeintlichen Mentalität, Kultur und Religion gegenüber der einheimischen homogenen Kultur verschieden definiert. Die ethnische Ausgrenzung korrespondiert mit der Zunahme rassistische motivierte Gewalttaten, vor allem seit der deutschen Vereinigung.

 

In den Jahren 1991 bis 1993 wurden bei fremdfeindlichen Gewalttaten 15 in Deutschland lebende Ausländerinnen und Ausländer getötet.

                                                                      

Die Situation ist mit dem in kraft getretenen Staatsangehörigkeitsrecht weiter offen, wobei die Tatsache der Einwanderung nicht mehr geleugnet wird.

                                                                      

Im Allgemeinen ist aber die Rede davon, dass die Einbürgerung werde das Zusammenleben der einheimischen- und eingebürgerte Bevölkerung längerfristig lösen.

 

Bundeskanzler Schröder(SPD) kündigte am 23 Feb. 2000 über eine so genannte

Green Card- Regelung, ausländische Computer Spezialisten aus Ausland zu holen und damit den Forderungen der Wirtschaft Rechnung zu tragen.

 

Im Juli selben Jahres setzt Innenminister Otto Schily (SPD) eine überparteiliche Kommission ein, um Lösungsvorschläge und Empfehlungen für eine neue Ausländer- und Zuwanderungspolitik zu erarbeiten.

 

Im Juli 2001 übergab Ausschussvorsitzende Rita Süssmuth (CDU), (Ex Bundestagspräsidentin) ihren Abschlussbericht.

 

In den Jahren 2001 bis 2004 entwickelte sich eine kontroverse und bisweilen dramatisch zunehmende Debatten um das Zuwanderungsgesetz.

                                                                      

Mit einem endgültigen Kompromiss zwischen Rot-Grüne Regierungskoalition und CDU/CSU wurde am 1. Juli 2004 den Zuwanderungskompromiss im Bundestag verabschiedet.

 

Das neue Zuwanderungsgesetz besteht aus insgesamt 15 Artikeln. Von zentraler Bedeutung ist das AufenthG in Artikel 1, welches das AusländerG von 1990 ersetzt und ein vollständig neues ausländer- und aufenthaltsrechtliches Gesetzeswerk schafft.

 

Mit dem zum 1.1.2005 in Kraft getretenem Zuwanderungsgesetz ist Deutschland offiziell Einwanderungsland.

 

Thema Asyl überschattet über ein Jahrzehnte lang die politisches Landschaft und Gesellschaft in Deutschland.

                                                                                  

Die Folge einer Reihe Bürgerkriegerischen Auseinandersetzungen in Nahen- und Mittleren Osten und in Balkan Ende der 80er und Anfang der 90er Jahren verursachten, dass unzählige Menschen ihre Heimatsorte zu verlassen und notdürftig in anderen Ländern zuflucht und eine Bleibe zu finden.

 

Deutschland war von Anfang an wie anderen Eurostaaten Zufluchtsort vieler Kriegsflüchtlinge. Die Flüchtlinge erhielten zu Beginn Ihrer Einreise ein Vorläufiges Aufenthaltserlaubnis meist nur für zwei Monate.

 

Viele Flüchtlinge, die einen Rückkehr in den Heimatländer aus unterschiedlichen Gründen nicht antreten konnten, haben hier bei den Ausländerbehörden Asyl beantragt. Ein Asylverfahren sollte über ihre künftige Bleibe entscheiden.

 

Durch ein kompliziertes Asylverfahren, gelang es nur einem Bruchteil der Asylanten, ihren Asylantrag durchzusetzen.

 

Viele Asylbewerber, deren Asylantrag durch Bundesamt für Flüchtlinge abgelehnt wurde, mussten als „Geduldeten“ hier im Lande vorläufig und zwar ohne rechtlichen und sozialen Mindeststandard leben. .

                                                                                                                                             

Über das Weiterbleiben der Geduldeten, bzw. deren Abschiebung befasst sich Innenminister- konferenz der Bundesländer ab und zu.

 

Es wird den Geduldeten eine Aufenthaltszusicherung erteilt, falls sie eine Art Erwerbstätigkeit binnen einer bestimmten Frist nachweisen können.

 

Momentan sind viele Flüchtlinge aus Kosovo in der Abschiebehaft (Manche von ihnen leben seit über 15 Jahre in Deutschland). Sie werden entgegen einer großen Protestwelle aus der Bevölkerung und aus der demokratischen Parteien und Organisationen zugig abgeschoben.

 

Ferry Marwi

Feb.2010